Ist die Studie sachlich richtig korrekt und bildet damit eine wirklich Entscheidungsgrundlage? Die Beratungsgesellschaft GEWOS aus Berlin stellt eine Wohnungsbaustudie vor und empfiehlt Bad Münder, langfristig auf Neubaugebiete zu verzichten. Die CDU hat trotzdem aktuell einen erneuten Antrag an die Stadt gestellt, Neubaugebiete auszuweisen. Die SPD, die Grünen und Bürgermeister Hartmut Büttner folgen aber in Ihrem Wahlprogramm sehr „bereitwillig“ der Empfehlung der Beratungsgesellschaft und werden den Antrag der CDU im nächsten Jahr vermutlich erneut abweisen. Ich würde mir stattdessen wünschen, dass sich unsere Stadtverwaltung und die Ratsmitglieder gemeinsam und sorgfältig mit den Inhalten und den Details der Studie auseinandersetzen und nicht wieder ungeprüft der Empfehlung folgen. Leider hat aber unser Bürgermeister die Empfehlungen bereits spontan auf seiner Homepage als seine Vorstellung für die nächsten Jahren für Bad Münder kommuniziert. Das heißt im Klartext, „keine Neubaugebiete für Bad Münder in der nächsten Amtszeit“, auch wenn es auf der Homepage ein wenig „Wählerfreundlicher“ formuliert ist.
Ich finde dies sehr schade und halte es für nicht richtig, insbesondere da ich in meinen Woziwakas* hier deutlich andere Aussagen der Menschen aus unseren Ortsteilen gehört habe und ich auch einige Fakten aus dem Gutachten anders bewerte. Recht häufig wurde mir vorgetragen, dass Kinder, Bekannte oder Freunde vergeblich nach Neubaugebieten in unseren Ortsteilen und den Ortsteilen suchen. „Eltern möchten neben anderen Familien mit gleichaltrigen Kindern wohnen“, ist eines der nachvollziehbaren Argumente, die ich immer wieder gehört habe. Auch die Studie kann man, wenn man es möchte, anders deuten oder mindestens hinterfragen. Hier einmal ein paar Gründe:
- Die rein regionale Onlineumfrage, die nach meinem Kenntnisstand keine „repräsentative Beteiligung“ hatte, hat keinen direkten Bedarf nach Grundstücken zum Neubau oder den Bedarf an Neubaugebieten abgefragt. Wird eine Umfrage – unabhängig von der Teilnehmerzahl - repräsentativ, nur weil sie von der Stadt in Auftrag gegeben wurde?
- Die Studie basiert in vielen wesentlichen Punkten auf Daten aus dem Zensus (Volkszählung) aus dem Jahr 2011. Ich denke, dass sich seit 2011 viele Rahmenbedingungen im Bereich Bauen und Wohnen deutlich verändert haben. Die Studie der GEWOS weist Bad Münder damit als eine Stadt mit „strukturellem Leerstand von 7%“ und einem Leerstand von rund 600 Wohnungen aus. Stimmt das? Ich höre oft, dass Wohnraum auch bei uns sehr knapp geworden ist.
- Die Studie empfiehlt Maßnahmen nach meinem Verständnis dafür, dass Münderaner in den nächsten Jahren „nur hin- und herwandern“ und sich darauf planerisch einzurichten.
- Die Studie weist in einer Grafik einen Bevölkerungsrückgang von nahezu 0 % aus. Das klingt erst einmal in Summe nicht dramatisch. In diesem 0 % - Rückgang ist aber der Wanderungsrückgang von 805 Einwohnern zwischen 30 bis 50 Jahren und rund 200 Einwohnern unter 18 Jahren. Wo sind diese potenziellen 400 Familien hin? In Neubaugebiete nach Rodenberg, Lauenau oder Springe, weil es keine familiengerechten Neubaugebiete in Bad Münder gibt? Wie kann eine Beratungsgesellschaft das beurteilen? Das wäre für mein Verständnis Aufgabe der Stadtverwaltung und des Stadtrats dies sachlich zu ermitteln und in der zukünftigen städtebaulichen Planung zu berücksichtigen.
- Die Studie weist aber gegenteilig im textlichen Teil eine Seite vorher einen Wanderungsgewinn in den Altersgruppen der unter 18-järhigen und den 30- bis 50-jährigen und dem Hinweis, dass Bad Münder „ein Zuzugsziel“ von Familien ist. Daher wird empfohlen, „dass die Sicherung und zukunftsfähige Ausgestaltung unabdingbar sind, um auch in Zukunft attraktiv für Familien zu sein.“
- Eine vorherige Prognose für unsere Bevölkerungsentwicklung aus 2016 – ebenfalls von der GEWOS im Rahmen des „Wohnraumversorgungskonzepts“ für den Landkreis Hameln-Pyrmont erstellt, weißt einen Bevölkerungsrückgang von 8% aus, unsere neue Studie nur noch einen Rückgang von 1 %. Die Unterschiede ergeben sich laut GEWOS „zum einen durch die Ausgangsbasis der Daten und zum anderen aus den jeweiligen Grundannahmen der Prognoserechnung“!
Für mich als Kandidaten und künftigen Bürgermeister könnte ich mit dieser Studie leider kein Wahlprogramm herleiten und würde es auch ohne weitere sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema in den jeweiligen Gremien nicht für Entscheidungen verwenden. Bad Münder hat sich für mein Verständnis leider - in den letzten Jahren im Bereich (positiver) Bevölkerungsentwicklung auf Basis von (negativen) Prognosen aus Gutachten - viele Chancen insbesondere durch Zuzug vertan. Bad Münder sollte zukünftig mehr auf sich selbst hören und etwas mutiger in seinen Entscheidungen werden. Grundsätzlich gilt aber auch in diesem Thema, zukünftig die richtigen Entscheidungen im Rahmen eines städtebaulichen Entwicklungskonzepts festzulegen.
Foto: istockphoto
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